Bestäubung als Dienstleistung anbieten


Ein Gastbeitrag von Fritz Höfler, Lehr- und Projektbeauftragter an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Arbeitet in seiner Freizeit als zertifizierter Bestäubungsimker und Bienenpädagoge. fritz.hoefler@hswt.de

Obwohl bekanntlich die Bestäubungsleistung der Honigbienen den Wert der Honigproduktion um das Vielfache übersteigt, liegt der Schwerpunkt der Imkerei in Deutschland vor allem bei der Honigerzeugung. Um das zu ändern, sind nahzu alle Imker:innen aufgerufen, mehr als nur das Honigbusiness als Einnahmequelle zu sehen.

Bestäubung – ein erfolgversprechender Geschäftszweig für Imkerinnen und Imker

Im “Alten Land” bei Hamburg, in der Bodenseeregion und in anderen deutschen Obstanbaugebieten stellen Imker:innen auf Wunsch der Obstbauern während der Obstblüte Bienenvölker für die Bestäubung in die Anlagen. Dafür erhalten die Imker:innen bereits seit vielen Jahren eine Bestäubungsprämie von den Landwirt:innen. Von diesen Imker:innen können wir lernen.

Honigbiene auf Apfelblüte

Honigbienen sind elementar wichtig für die professionelle Bestäubung in Obstanlagen. Hier ist gerade eine Arbeiterin mit gelbem Pollenhöschen bei der Bestäubung zu sehen.

Bestäubung wird zu wenig wertgeschätzt

Trotz ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft ist die reine Bestäubungsimkerei bislang in Deutschland ein kaum profitabler Betriebszweig. Ebenso wenig wird die Bestäubungsleistung generell so wertgeschätzt, dass sich daraus ein Mechanismus entwickelt hat, diese Dienstleistung dem oder der Imker:in entsprechend zu honorieren. Häufig erwarten die Landwirt:innen für die Aufstellung der Bienenvölker an ihren Kulturen sogar eine entsprechende honigsüße Anerkennung. Ganz im Gegensatz zum Imkerei-Business in den Vereinigten Staaten, welches sich allein auf die Bestäubung vor allem der großen Mandel- und Blaubeerplantagen konzentriert. Für diese Bestäubungsdienstleistung werden mittlerweile circa $250 pro Bienenvolk von den Mandelplantagenbesitzern bezahlt.

Ein wesentlicher Geschäftszweig für Imker:innen in den USA

Für einen Hektar Mandelplantage werden etwa fünf Völker benötigt. Auf diese Weise generieren US-Imker:innen bereits im Februar ihre wirtschaftliche Grundlage für das restliche Geschäftsjahr. Somit stellt die Bestäubungsimkerei in den USA einen wesentlichen imkerlichen Betriebszweig dar. In diesen Bestäubungsimkereien ist der Honig, den die Völker produzieren, eher eine “Begleiterscheinung”, auf die keinen Wert gelegt wird. Die amerikanischen Verhältnisse sind nicht mit denen in Deutschland zu vergleichen. Trotzdem ist hier in Deutschland ein Umdenken von Nöten. Die Vereinigung der Bestäubungsimker in Deutschland e.V. unterstützt dieses Umdenken in der Imkerschaft durch eine fundierte Ausbildung zum “zertifizierten Bestäubungsimker”.

Biene auf Silphieblüte

Die Energiepflanze Durchwachsene Silphie stellt eine echte Alternative zum Maisanbau für die Biogasproduktion dar. Die Honigbiene sorgt hier für die entsprechende Bestäubung der Becherpflanze.

Bienenpollen

Ein Farbenmeer aus gesammelten Pollen unterschiedlichster Pflanzen. Proteinreiche Nahrung für die Bienenbrut!

Bestäubung durch Honigbienen steigert Erträge in der Landwirtschaft

In Obst- und Beerenplantagen, aber auch beim Anbau von Raps oder anderen blühenden Kulturen, ist die Aufstellung von Bienenvölkern notwendig, um das Ertragssteigerungspotential durch die Honigbienenbestäubung ausnutzen zu können. Genau hier liegen die Chancen für nahezu die gesamte deutsche Imkerschaft!

Nicht nur die mengenmäßigen Steigerungen beim Rapsanbau sind von Interesse, sondern auch die nachweislich anderen positiven Effekte einer Bestäubung: gleichmäßiges Abblühen und das damit gleichmäßige Abreifen. Durch den nachweislich höheren Samengehalt steigt auch der Anteil wertvoller Inhaltstoffe (Ölgehalt). Zudem besitzen Samen, die aus einer Insektenbestäubung hervorgehen, eine höhere Keimfähigkeit.

Die Bestäubung bei Beerenkulturen führt beispielsweise nicht nur zu deutlich höheren Erträgen, sondern auch zu einer Steigerung der Fruchtgröße, des Samengehalts, und beschleunigt eine gleichmäßige Fruchtreifung. Für alle Obst- und Beerenarten gilt, dass nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität wie äußere Form, Zucker- und Säuregehalt sowie Lagerfähigkeit der Früchte durch die Bestäubung generell gesteigert werden.

Darum lohnt sich gezielte Bestäubung:

Die gezielte Bestäubung hat einen entscheidenden Einfluss auf viele hormonelle Mechanismen während der Fruchtentwicklung. Es entwickelt sich das zu erwartende Geschmackserlebnis, insbesondere die Ausgewogenheit des Zucker-Säure-Verhältnisses. Die Früchte reifen gleichmäßiger ab und erzielen eine signifikant bessere Haltbarkeit. Geringe Calciumkonzentrationen bei Äpfeln verursachen die sogenannte Stippigkeit, d.h. eingesunkene Flecken auf der Oberfläche der Früchte und kleine, braune Stellen im Fruchtfleisch. Optimal bestäubte Äpfel bauen dagegen eine natürlich Widerstandkraft auf.

Wissenschaftliche Untersuchungen des Julius-Kühn-Instituts aus dem diesem Jahr haben abermals bewiesen, dass Insektenbestäubung sich massiv positiv auf den Ertrag landwirtschaftlicher Kulturen wie Raps, Ackerbohne, etc. auswirkt. Quelle

Durch das gleichmäßige Abblühen der Flächen können Landwirt:innen eine gleichmäßige Fruchtbildung erwarten und somit auch besser planbare Zeiträume für Arbeitsmaßnahmen auf den Anbauflächen einkalkulieren.

Gesündere Früchte sind strapazierfähiger und benötigen per se weniger Pflanzenschutzmaßnahmen.

Zur Saatguterzeugung werden mehr Völker benötigt als für eine normale Bestäubung, ergo ein wirtschaftlicher Vorteil für Imker:innen. Die Saatgutvermehrer sind in Ihrem Business zu 100% abhängig von einer gezielten Insektenbestäubung im geschützten Anbau.

Situation für Imker:innen und Landwirt:innen: Beide Seiten können von einer gezielten Bestäubung profitieren und durch geschickte Absprachen sowohl auf der Fläche als auch im Bienenstock für Mehrwerte sorgen.

Nicht zu vergessen ist der Imagegewinn v.a. für die Landwirtschaft, die sich durch den Einsatz von Bienenvölkern in der Außendarstellung ganz klar als fortschrittlich und ökologisch orientiert denkend in der Öffentlichkeit platzieren kann.

Gesündere Früchte durch Bestäubung

Studien der Universität Freiburg zeigen, dass von Bienen bestäubte Fruchtbäume bis zu 200 Prozent mehr Erträge tragen und ihre Früchte eine deutlich bessere Nährstoffzusammensetzung haben als die von Bäumen, welche von Hand bestäubt werden. Dies zeigt ein Experiment der Universität, bei dem die Auswirkungen künstlicher Bestäubung auf Mandelbäume untersucht wurden. Die Mandeln der von Bienen bestäubten Bäume besaßen demnach mehr gesunde Fette und Vitamin E. Die künstlich bestäubten Bäume trugen zwar ebenfalls Früchte, diese waren aber viel kleiner und enthielten weniger essentielle Fettsäuren.

Biene mit Pollenhöschen

Eine Honigbiene mit Pollenhöschen bedient sich am Nektar und Pollen in einem “Wald von Staubblättern”. Das Staubblatt ist das Organ einer Blüte, welches den Pollen produziert.

Bestäubung als Dienstleistung verkaufen

Als Bestäubungsimker geht es zuallererst um eine Einkommensgenerierung durch die Bestäubungsleistung der Honigbienen. Der gegebenenfalls zu erntende Honig sollte nur als ein zusätzlicher Benefit betrachtet werden. Eine bestenfalls schriftliche Vereinbarung, in der alles elementar Wichtige geregelt ist, wie zum Beispiel das Bestäubungshonorar, die Regelung im Falle eines Bienenschadens durch Pflanzenschutzmaßnahmen, die Bestäubungsdauer inklusive von Verlängerungstagen, etc., sollte die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Landwirt:in und Imker:in bilden.

In der Landwirtschaft wird immer mehr versucht, möglichst früh gewisse Kulturen auf den Markt zu bringen. Dem Wunsch der Verbraucher:innen nach frischen, regionalen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln können Landwirt:innen auch in solchen Jahreszeiten entsprechen, in denen es nur im sogenannten “geschützten Anbau” möglich ist, zu produzieren. Gemüseanbau im großen Stil in riesigen Gewächshäusern sind hier nur ein Beispiel von vielen. Hier werden seit Längerem schon, neben Hummeln für die Vibrationsbestäubung der Tomaten, auch gezielt Honigbienen für die Bestäubung unter Glas (v. a. in Erdbeerkulturen) eingesetzt. Dies benötigt ein explizites Fachwissen im Umgang mit den Bienenvölkern, um ein schnelles Abwirtschaften der Völker zu vermeiden.

Bienen in Obstplantage

Zwei Honigbienenbeuten in einem klassischen Obstanbaugebiet in der Bodenseeregion

Bienenwanderanhänger

Berufsimker:innen wandern zu Blühbeginn in die entsprechenden Regionen. Hier geht es mit einer großen Armada an Bienen in die Apfelblüte.

Bestäubung ist eine Marktlücke

Der Bestäubungsbedarf wird in Deutschland regional zunehmen, da der Trend im Obst- und Gemüseanbau immer mehr hingeht zu einem Anbau unter Glas bzw. Folie. Durch diese Verfrühung der Kulturen versucht die Landwirtschaft mehr Geld generieren, benötigt aber auch entsprechende Dienstleister:innen, die die herausfordernde Bestäubung im geschützten Anbau liefern können.

Wie kommt die Imkerin an den Landwirt

Hier empfiehlt es sich als Bestäubungsprofi bereits im Vorjahr mit Landwirt:innen Kontakt aufzunehmen, damit entsprechend Völker für den Bestäubungsauftrag eingeplant und vorbereitet werden können. Erzeuger:in und Imker:in sollten dann die Bedingungen der Aufstellung absprechen.

Imker:innen sollten ihre Termin- und Arbeitsplanung an die Erfordernisse der Auftraggeber:innen anpassen. Selbstverständlich sollten die Bienenkästen so aufgestellt sein, dass sie die weiteren Kulturmaßnahmen nicht behindern und auch für den:die Imker:in gut zugänglich sind. Für eine optimale Bestäubung ist eine gleichmäßige Verteilung der Bienenvölker in der Anlage bzw. Fläche in kleinen Gruppen notwendig. Die Anzahl der Bienenvölker pro Hektar variieren ebenfalls von Kultur zu Kultur. Sehr hilfreich kann hierfür das Bestäubungshandbuch von Mandl und Sukopp (2011) sein.

Bei der Aufstellung von Honigbienenvölkern zu Bestäubungszwecken handelt es sich um eine Dienstleistung des Imkers oder der Imkerin, für die Landwirt:innen/Erzeuger:innen (Obst-, Beerenobst-, Saatgutbetrieb etc.) bereit sein sollten, eine angemessene Bestäubungsprämie zu zahlen. Die Höhe dieser Prämie muss individuell verhandelt werden, kann aber in Deutschland bis zu 80,- Euro pro Volk pro Bestäubungszeitraum (10-14 Tage) betragen (v.a. in Beerenkulturen). Alles in allem wäre es unseriös konkrete Zahlen zur Bestäubungsprämie zu nennen, da die davon abhängende individuelle Kostenstruktur in jeder Imkerei differiert.

Der Lehrgang zum Bestäubungsimker lohnt sich

Die Vereinigung der Bestäubungsimker in Deutschland e.V. kann hier eine hilfreiche Ansprechpartnerin sein. Dort kann man sich in einem kompakten Lehrgang zum Bestäubungsimker ausbilden und zertifizieren lassen. Der Vorteil dieser intensiven Ausbildung wird sich für jede:n Imker:in sehr schnell bemerkbar machen. Ein großer Wissensgewinn – sowohl im imkerlichen als auch im landwirtschaftlichen Bereich, und dadurch auch Basis aller Verhandlungen mit Landwirt:innen – wird die Kosten dieser Ausbildung sehr schnell amortisieren.

Fazit: Die professionelle Bestäubung führt zu einer deutlichen Qualitäts- und Ertragssteigerung bei Obstkulturen und Nutzpflanzen. Diese einfache Message gilt es möglichst fachlich fundiert zu transportieren. Somit umfasst ein gutes Bestäubungsmanagement in aller Kürze (wie oben beschrieben) folgende vier Eckpfeiler:

  • Die punktgenaue Vorbereitung und Aufstellung der Bienenvölker
  • Absprache mit der Landwirt:in, wie und wann die Völker verteilt werden
  • Den effektivsten Bestäubungszeitraum je Kultur zu bestimmen
  • Maßnahmen zur Optimierung der Bestäubungsrate

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3 Kommentare zu “Bestäubung als Dienstleistung anbieten

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