Honigbienen und Wildbienen – Kollegen oder Konkurrenten?

Wildbienen und Honigbienen - Stadtbienen Blog

Autor:innen: Marie Fröhlich, Johannes Weber

Kampf der Bestäubungsprofis?

Bienen sind im Trend – vor allem die Stadtimkerei erfreut sich seit dem vergangenen Jahrzehnt immer größerer Beliebtheit. Kritiker:innen warnen vor einer Verdrängung gefährdeter Wildbienenarten durch die Honigbienen. Was ist dran an der vermeintlichen Konkurrenz? Gefährden Honigbienen die Wildbienenpopulationen – oder sind die Ursachen des Artenverlustes nicht woanders zu suchen?

Wildbienen sind Spezialisten, Honigbienen sind Generalisten

Von den rund 600 Wildbienenarten, die in Deutschland heimisch sind, stehen mehr als die Hälfte auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Im Gegensatz zu den Honigbienen, die als Generalisten den Pollen und Nektar vieler unterschiedlicher Pflanzen sammeln können, haben viele Wildbienenarten speziellere Bedürfnisse. Trotzdem sind alle Bienenarten durch ihre gemeinsamen Blütenressourcen in einem großen Netzwerk miteinander verbunden.

In einer Stellungnahme zum Thema Konkurrenz zwischen Wildbienen und Honigbienen schreibt die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V.:

“Vor allem in wichtigen landwirtschaftlichen Kulturen ist die Bestäubungsleistung der Honigbiene eminent und unverzichtbar. Dennoch sind auch dort Wildbienen für eine stabile Fruchtbildung wichtig, daher ist eine Betrachtung der Wildbienen und Honigbienen als miteinander im Wettbewerb stehende Konkurrenten grundsätzlich wenig zielführend. Im Gegenteil – Wildbienen und Honigbienen ergänzen sich und erhöhen somit die Resilienz eines Agrarökosystems gegen Störungen von außen. Die Raum- und Zeitmuster des Sammel- und Aktivitätsverhaltens vieler Wildbienen unterscheiden sich von denen der Honigbienen, so dass eine sichere Bestäubung nur durch das Zusammenwirken beider garantiert ist.“

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. [Link]

Teamwork für die lokale Biodiversität

Richtet man den Blick außerhalb der städtischen Ballungsgebiete, legt folgender Spezialfall nahe, dass ein gemeinsames Nebeneinander möglich ist: In der Lüneburger Heide soll schon im 16. Jahrhundert erwerbsmäßig geimkert worden sein. Seitdem ist dieses Gebiet einer der bekanntesten und lukrativsten Hotspots für Imker:innen, die die Blüte der heimischen Besenheide nutzen wollen. Bienenvölker werden seit jeher dort in großer Zahl eingewandert. Trotzdem haben sich auf die Besenheide spezialisierte Wildbienenarten (Heide-Sandbiene und Heide-Seidenbiene) etablieren können. Man kann davon ausgehen, dass sich trotz der gemeinsamen Ressourcennutzung eine Koexistenz der Bienenarten in der Heide entwickelt hat.

Ein reich gedeckter Tisch kann eine mögliche Konkurrenzsituation nicht nur entspannen, sondern sogar einen Zusatznutzen generieren. Denn Blütenvielfalt bedeutet auch Bienenvielfalt – das haben zuletzt im Jahr 2020 Untersuchungen der Universität Göttingen gezeigt (Uni Göttingen). Ein anschauliches Beispiel ist die Ackerbohne; ihr Nektar liegt tief in den Blütenkelchen und ist unmöglich mit dem kurzen Rüssel der Honigbiene zu erreichen. Stattdessen sichern hier langrüsselige Hummeln den Bestäubungserfolg.

Hummel sammelt Nektar an einer Ackerbohne

Ökosysteme profitieren von einer Bestäubervielfalt

Mit ihrem langen Rüssel gelangt die Hummel an den Nektar der Ackerbohne. Bei den tiefen Blütenkelchen der Ackerbohne haben Honigbienen und viele andere Wildbienenarten keine Chance.

Honigbienen sind keine Alleskönner

Bei niedrigen Temperaturen übernehmen vor allem Hummeln oder Mauerbienen den Job des Pollen- und Nektarsammelns – sie fliegen schon ab 6 Grad Celsius aus, während die Honigbienen noch auf wärmere Temperaturen warten. Vor allem im Obstanbau werden die Dienste dieser Niedrigtemperaturflieger gezielt zur Bestäubung genutzt.

Für die Bestäubung von Obstbäumen setzen Landwirt:innen auf die Rote Mauerbiene. Die Honigbiene fliegt tendenziell von Blüte zu Blüte ohne dabei den Baum zu wechseln. Die Mauerbiene wechselt hingegen den Baum, nachdem sie einige Blüten besucht hat. Dadurch transportiert sie den Blütenpollen von Baum zu Baum und sorgt damit für eine erfolgreiche Bestäubung und Befruchtung.

Bestimmte Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse (z. B. Tomaten, Paprika und Peperoni) können ausschließlich durch Hummeln bestäubt werden. Die erzeugen mit ihrer Flugmuskulatur eine derart hohe Vibrationsfrequenz, dass der Pollen aus den sonst geschlossenen Staubgefäßen herausfällt. Diese einzigartige Form der Bestäubung nennt man Vibrationsbestäubung.

Die Hälfte aller Blütenbesuche geht auf die Kappe von anderen Insekten

Nicht nur Honig- und Wildbienen sind entscheidend für die erfolgreiche Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Bis zu 50 Prozent aller Blütenbesuche werden von anderen bestäubenden Insekten (zum Beispiel Schmetterlingen, Käfern, Motten, Fliegen und Ameisen) erbracht. Honigbienen setzen bei der Bestäubung eher auf Quantität – sie fliegen täglich sehr viele Blüten an. Andere Insekten sind nicht ganz so flink unterwegs, besuchen Blüten aber gerne mehrmals, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass aus einer Blüte eine Frucht wird.

Not-So-Fun Fact

Die Biomasse von fliegenden Insekten ist zwischen 1989 und 2014 um 75 Prozent zurückgegangen (Entomologischer Verein Krefeld).

Problematisch ist nicht die hohe Nachfrage, sondern das mangelhafte Angebot

Das Verschwinden geeigneter Lebensräume ist die Hauptursache für den Verlust von Insektenarten und Insektenvielfalt (IPBES). Das mangelhafte Angebot an geeigneten Nahrungsquellen erhöht den Konkurrenzdruck zwischen den bestäubenden Insekten.

Für die Wildbienen darf die Entfernung zwischen Nistplatz und Nahrungsquelle nicht zu groß sein. Studien des Botanischen Gartens in München-Nymphenburg (2020) haben ergeben, dass die ideale Entfernung zwischen Nistplatz und Futterquelle 150 Meter nicht überschreiten sollte (Staatlich Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns). Gleichzeitig ist der Reproduktionserfolg einer Wildbiene umso geringer, je weiter sich das Weibchen vom Nachwuchs entfernen und ihn damit unbewacht zurücklassen muss.

Sandbiene

Sandbienen nisten in der Erde

Sie gelten in Deutschland im Moment nicht als gefährdet – das kann sich aber ändern, wenn die Versiegelung von Flächen durch den Menschen ungebremst fortschreitet.

Während Wildbienen-Expert:innen mit Imker:innen über eine möglicherweise populationsrelevante Konkurrenzsituation streiten, sinkt das Angebot an geeigneten Nistplätzen und Nahrungsquellen täglich. Im Schnitt werden in Deutschland jeden Tag 45 Hektar Fläche versiegelt. Unsere Landwirtschaft ist abhängig von der Bestäubungsleistung der Insekten, aber die Gesellschaft ist nicht bereit, ihre Lebensgrundlage in angemessenem Ausmaß zu sichern.

Versiegelung von Böden, Intensivierung der Landwirtschaft, Monokulturen, Überdüngung von Magerstandorten, Herbizide und Insektizide, die Klimakrise – das sind Herausforderungen, die alle bestäubenden Insekten gefährden.

Rapsfeld

Der Raps ist für die Honigbienen ein kurzes Vergnügen

Er blüht nur wenige Wochen lang, danach müssen die Honigbienen Zeit bis zur nächsten Massentracht überbrücken. In einer solchen Agrarlandschaft sind die Möglichkeiten begrenzt, und ohne Blühstreifen haben Wildbienen und andere Insekten kaum eine Chance zu überleben.

Es fehlt an Habitaten für alle bestäubenden Insekten

Eine Konkurrenzsituation kann nur da auftreten, wo nicht genügend Nahrung vorhanden ist. Unsere Natur- und Stadtlandschaften so zu gestalten, dass den Bestäubern Lebensräume und ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung stehen, sollte das gemeinsame Ziel von Wild- und Honigbienen-Freund:innen sein. Dafür müssen bestäuberspezifische Habitate geschaffen werden, die den Bedürfnissen von Wildbienen und anderen bestäubenden Insekten gerecht werden. Von entscheidender Bedeutung ist – sowohl in der klassischen Agrarlandschaft als auch im städtischen Umfeld – eine Vernetzung neuer und bereits vorhandener Flächen zu biodiversitäts-durchlässigen Trittsteinen, zum Beispiel in Form von Blühstreifen-Netzwerken.

Städte sind perfekte Lebensräume für bestäubende Insekten

Während der ländliche Raum aufgrund von Monokulturwüsten und Ackergiften immer lebensfeindlicher für die Bestäuber wird, finden sie in der Stadt fast das ganze Jahr über Nahrung. Mit regional angepassten Saatgutmischungen (zum Beispiel von Rieger-Hofmann) können auf Balkonen und Friedhöfen, in Gärten und Parks wilde Wiesen angelegt werden, um das Angebot zu erhöhen.

Das Problem ist menschengemacht – die Lösung auch!

Was die Konkurrenz zwischen Wild- und Honigbiene an der Blüte angeht, besteht dringend weiterer Forschungsbedarf. Auf wissenschaftlicher Grundlage sollten effektive Maßnahmen gestaltet werden, die dem Erhalt gefährdeter Wildbienenarten zugutekommen. Wir sollten nicht den Fehler wiederholen, den Schutz einer Art zu fokussieren, gar Honigbiene und Wildbiene gegeneinander auszuspielen. Sie sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

Das Überleben und die Vielfalt von Wildbienen hängen davon ab, wie wir unsere Kulturlandschaften gestalten. Wir müssen gesunde, abwechslungsreiche Ökosysteme schaffen, die den Nist- und Nahrungsbedürfnissen von Wildbienen gerecht werden und gleichzeitig die Nutzung durch Honigbienen tragen können. 

Bildnachweis

1: Sandbiene
2: Hummel

Gabi Wolf via shutterstock
Trevor Mayes via shutterstock

3: Rapsfeld
4: Stadtbalkon

Dariusz Dembek via shutterstock
Isa Long via shutterstock

8 Kommentare zu “Honigbienen und Wildbienen – Kollegen oder Konkurrenten?

  1. Brita Lattermann sagt:

    Von allen Beiträgen, die ich bisher darüber gelesen habe, war dieser der beste. Dennoch würde ich gern etwas hinzufügen. : Es wurden Unterschiede zwischen Wildbienen und Honigbienen bei der Bestäubung aufgeführt, ein Wichtiger hat gefehlt: nämlich, dass Honigbienen- Arbeiterinnen getrennt sammeln, um ihren unnatürlich großen Staat nicht zu verunreinigen. Das bedeutet, ein Teil sammelt nur Pollen und versucht demzufolge nicht mit dem Stempel in Berührung zu kommen und der andere Teil nur Nektar. Wildbienen dagegen ( solitärlebende und die viel kleineren Hummelstaaten )können es sich nicht leisten Pollen und Nektar getrennt zu sammeln, deshalb ist ihre Bestäubung effektiver.
    Es wurde mehrfach erwähnt, dass die Honigbiene keine Konkurrenz darstellt. Das ist meiner Meinung nach falsch. Wenn man Wildbienen und Honigbienen in der Anzahl der Individuen gegenüberstellt ist das keine Frage mehr. Es gibt viel zu viele Imker innerhalb der Gebiete. Und diese haben nicht nur einen Bienenstock mit bis zu 80000 Arbeiterinnen in der Hochsaison , sondern 20, 30, 50 Bauten und mehr. Das heißt, 80000 Arbeiterinnen x 30 Stöcke= 2400000….. pro Imker im Durchschnitt,
    während ein Hummelstaat höchstens 500-600 Arbeiterinnen zum selben Zeitpunkt hat. Da Honigbienen der Honig ständig entnommen wird sind sie gezwungen immer hektischer und massiver zu sammeln. Ich kann jedes Jahr in meinem Garten beobachten, wie sie in Massen auftreten, wenn es in der Natur mager wird, und dann haben meine hier ansässigen Wildbienen (zum Beispiel:Harzbiene, Sandbiene, Furchenbiene, Maskenbiene, Pelzbiene) keine Chance mehr. Und ich frage mich, wofür ich mir die ganze Arbeit mache , den Wildbienen hier eine sichere Nahrungsinsel das ganze Jahr zu schaffen, wenn doch nur der Imker profitiert. Und am schlimmsten sind die Imker, die wandern….
    Für einen Teelöffel Honig werden mehrere tausend Einzelblüten angeflogen. Dafür könnten mehrere hundert Solitärbienen ihren Nachwuchs in den Brutröhren erfolgreich sichern. Jedoch will kein Mensch, dem ich dieses Problem schildere, auf seinen Honig verzichten. Dabei braucht ihn kein Mensch zum leben. Er hat im Gegensatz zu den Bienen so viele Alternativen.
    Honig dürfte es nur noch zu medizinischen Zwecken geben, die Imkerei müsste dezimiert werden, alle Gartenbesitzer müssten die Auflagen bekommen einen Teil ihres Gartens der Natur zu überlassen mit der Akzeptanz von Wildpflanzen und Totholz, natürlich das Verbot von Insektiziden und Dünger ( nicht nur auf den Feldern, auch in Gärten) und natürlich müssten die Menschen durch die Medien aufgeklärt werden. Denn wenn das so weiter geht, werden wir bald einen Frühling erleben, an dem nicht ein Vogel singt.
    P.s. : Meine Beobachtungen für Wildbienen begann vor ungefähr 15 Jahren. Damals legte ich noch Listen an, um rauszufinden, welche Pflanze in welcher Häufigkeit von welcher Art besucht wird. Es gab zwei unübertroffene Gewinner: Balota nigra und Echium vulgare.

    • Stefan Köttgen sagt:

      Ich stimme Brita Lattermann 100%ig zu! Der Beitrag von Marie ist nun allerdings auch schon über 1 Jahr alt. Seitdem sind einige neue Studien zu dem Thema herausgekommen, u.a. die Metastudie von Iwasaki, neben vielen weiteren, die alle die klare Tendenz zeigen, dass eine Konkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbienen dort gegeben ist, wo die Honigbiene zu stark dominiert, also im urbanen Raum und in NSGen. Ich selbst kenne über 120 Studien, die das belegen (sie liegen mir alle vir). Konkurrenz übrigens nicht nur bezüglich Nahrung, sondern auch bezüglich der Übertragung von Infektionen von HB auf WB und bezüglich der Florenverfälschung durch zu starke Imkerei. Mir ist klar, dass das Hauptproblem natürlich nach wie vor in der industriellen Landwirtschaft, der Versiegelung der Landschaft und den Monokulturen liegt. Aber die Gefährdung durch die verstärkte Imkerei kommt eben noch obendrauf! Und hier könnte man kurzfristig was tun. Indem man in Städten nicht fürs Inkern wirbt, indem Imkerei nicht als Naturschutz deklariert wird, was er definitiv nicht ist, indem man das Beewashing bei Firmen und Institutionen beendet. Wen wur alles so lassen und abwarten, bis sich irgendwann mal die Landwirtschaftspolitik ändert, sind die meisten Wildbienenarten ausgestorben. Ich bin Opa, ich möchte meinen beiden Enkeltöchtern in Zukunft gerne noch Schmetterlinge, Wildbienen und Schwebfliegen zeigen können, und nicht nur das hochgezüchtete Nutztier Honigbiene. Deswegen mein Appell: schützt Wildbienen, nicht die Imkerei in den Städten! In Hamburg gibt es über 10 HB-Völker pro km2, akzeptabel für Wildbienen wären laut Entomologen 2! Wer will da noch für Stadtimkerei werben?
      Viele Grüße
      Stefan
      P.S.: ich kann zu allen Thesen wissenschaftliche Belege vorlegen, das genannte “Bienenforschungsinstitut” ist allerdings nicht unabhängig, sondern ausschließlich der Imkerei verpflichtet

      • Nadin sagt:

        Lieber Stefan,

        vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar! Wir verstehen deine Bedenken und freuen uns, dass du bei dem Thema so kritisch mitdenkst.

        Mit unserer Philosophie des ökologischen Imkerns positionieren wir uns gegen Beewashing, denn uns geht es um die Bienen und deren möglichst naturnahe Haltung; wir möchten, dass unsere Bienen so artgerecht wie möglich leben können, dabei müssen wir jedoch stets Abwägungen treffen, da wir die Bienen als Superorganismus für Menschen erlebbar machen möchten, was einen zentralen Teil unserer Bildungsarbeit darstellt. Wir achten darauf, Honig nur als Überschussprodukt zu entnehmen und stellen in der Regel maximal zwei BienenBoxen an einem Standort auf. Die Bienenvielfalt zu fördern, ist uns eine Herzensangelegenheit – in unserer Bildungsarbeit und unseren Projekten. Das bedeutet, dass wir ökologische Zusammenhänge immer mitdenken und mit unseren Projekten generell Biodiversität fördern möchten. In all unseren Kursen und Projekten – sowohl bei Seminaren in Unternehmen als auch in unseren Jahres-Imkerkursen – nehmen wir die Wildbienen mit in unser Bildungsprogramm auf. Über das Naturerlebnis mit den Honigbienen versuchen wir, Interesse am Thema zu wecken und ganzheitliches Wissen mit Blick auf Biodiversität und Artenschutz zu vermitteln.
        Darüber hinaus legen wir mit unserem Projekt: “Wilde Wiese” Lebensräume für lokale Pflanzen- und Tierarten an und sorgen für eine biodiversitätsfördernde Entwicklung von bestehenden und durch uns neu angelegten Grünflächen. Das funktioniert im urbanen Raum ganz hervorragend, wo es jede Menge noch ungenutzter Möglichkeiten gibt!

        Aber ja: Zwischen Honig- und Wildbienen besteht zweifelsfrei ein Potenzial für Nahrungskonkurrenz, Ausmaß und Folgen können jedoch stark variieren, denn hier spielen eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle. Es ist uns daher wichtig, den Diskurs aktiv zu verfolgen und wo wir können, mitzugestalten. Zum Thema Nahrungskonkurrenz gibt es zahlreiche Indizien und Metastudien, während konkrete Studien, die diese Konkurrenz belegen, eher rar sind.
        Ob und wie Nahrungskonkurrenz besteht, hängt von vielen Faktoren ab, die von Fall zu Fall bewertet werden müssen, zusätzlich müssen die Untersuchungen immer im Kontext der Ausgangssituation betrachtet werden. Wichtige Faktoren sind zum Beispiel der zunehmende Verlust von strukturreichen und ungestörten Lebensräumen, die Intensivierung von Land- und Forstwirtschaft und der Einsatz von Pestiziden oder die zunehmende Habitatfragmentierung durch Siedlungs- und Straßenbau. Wenn die Vielfalt und Menge an Blütenpflanzen in der Landschaft abnehmen oder eine gewisse Honigbienendichte überschritten wird, fördert das zwangsläufig die Nahrungskonkurrenz. In struktur- und artenreichen Lebensräumen hingegen, wo Honigbienen in angemessener Zahl vertreten sind, können Wild- und Honigbienen wahrscheinlich gut miteinander auskommen und eventuell sogar voneinander profitieren.
        Eine Studie der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und der Technischen Universität Berlin (2021), die das Konkurrenzverhalten zwischen Honig- und Wildbienen in Berlin untersucht hat, ist ein Beispiel dafür, dass in einem ressourcen- und strukturreichen Umfeld eine Koexistenz statt einer Konkurrenz herrschen kann. Stadtlandschaften können einen ressourcenreichen Lebensraum für bestäubende Insekten bieten, sofern sie eine Vielfalt an Blütenpflanzen und entsprechenden Nistmöglichkeiten beherbergen. Natürlich heißt es „gewusst wie“ und nicht je mehr oder grüner, desto besser – Unterstützung bietet die Berliner Studie mit Pflanzempfehlungen für den Berliner Raum.
        Der NABU schlägt in einer kürzlich erschienen Stellungnahme (2023) vor, naturschutzfachliche Richtlinien zu erarbeiten, damit die Honigbienenvölkerdichte entsprechend der Kapazitäten der Landschaft gesteuert werden kann und es zu keiner Überbevölkerung kommt, die Wildbienendichte und Artenvielfalt gefährden.
        Um die Konkurrenz zu minimieren, ist es wichtig, einen Kontext zu schaffen, der die (städtische) Landschaft als vielfältiges Lebensumfeld für bestäubende Insekten gestaltet, innerhalb derer sie in Koexistenz leben können. Genau das versuchen wir mit unserer Bildungsarbeit und unseren Projekten zu erreichen.

  2. Stefan sagt:

    Oh ja, da hast du sowas von Recht, Brita!
    Ich wohne in einem kleinen Dorf und im 50 Meter-Umkreis sind schon zwei Hobbyimker. Das Schlimme ist, dass sie denken, sie tun was für die Natur. Man kann sie auch mit guten Argumenten und fundierten wissenschaftlichen Fakten nicht überzeugen.
    Ein wenig Kompromissbereitschaft wäre nötig!
    Gruß
    Stefan

    • Nadin sagt:

      Lieber Stefan, hab vielen Dank für die Beteiligung an der Diskussion zum Thema! Auch wir sind der Meinung, dass ein ganzheitlicher Blick auf bestäubende Insekten im Allgemeinen nötig ist und es ohne Kompromisse nicht gehen wird. Deshalb engagieren wir uns in unseren Projekten für ökologische Bienenhaltung, die nicht extensiv ist und neben dem Wohl der Honigbienen auch Wissensvermittlung zu Wildbienen und Biodiversität beinhaltet. Außerdem haben mit unserem Projekt “Wilde Wiese” (https://www.stadtbienen.org/angebote/wildewiese/) auch die Gestaltung und den Schutz von Lebensräumen für andere bestäubende Insekten wie Wildbienen im Fokus. Lies gerne auch in unsere Antwort auf Stefans Kommentar (diesen findest du über deinem) hinein.

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