Ein wilder Garten für Wildbienen

Ihr Lebensraum ist bedroht. Aber mit ein wenig Wissen darüber, wie Wildbienen leben, kannst du sie im Garten und auf dem Balkon mit vielfältigen Nistangeboten unterstützen.

Autorin: Josephine Ziegler

Ein wilder Garten für Judith und ihre WG

Es summt am Rand der neu aufgeschütteten Terrasse. Als Judith sich zu dem kleinen Sandhang hinunter beugt, entdeckt sie ein pelzig gestreiftes Insekt. Eine Gartenwollbiene hat in den lockeren Boden ihren Brutgang gebaut. Wie die meisten der 585 Wildbienarten in Deutschland lebt sie solitär und nicht wie die Honigbiene im Schwarm. Ganz allein suchen diese Spezialisten einen Nistplatz, bauen Brutkammern, legen Eier hinein und versorgen ihre Larven. Stellen die Honigbienen ihr eigenes Mikroklima her, sind ihre wilden Schwestern für ihre Brutstätten auf Orte angewisen, die von vornherein die besten Bedingungen für den Nachwuchs bieten. Drei Viertel von ihnen finden diese im Boden.

Kein Zutritt!

In dieser Ecke des Gartens lässt Judiths WG der Wildnis freien Lauf. In die toten Äste des Weidenzauns könnten sich auch Bienen einnisten.

Kalkulierte Unordnung

Totholz und Steinhaufen am Schuppen: im Interesse der Wildbienen wird hier nicht mehr aufgeräumt.

Lehm, Sand, Mauern und Ritzen – perfekte Lebensräume für Wildbienen

Judith und ihre WG haben beschlossen, an einer Seite der neuen Terrasse den Hang zu belassen, wie er ist. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag, der die 197 gefährdeten und 31 vom Aussterben bedrohten Wildbienenarten unterstützt. In dem ungereinigten Sand finden die Bienen Feinpartikel wie Lehm und Löss, die sie mit ihrem Speichel in Kleber zum Abdichten ihrer Brutkammern verwandeln. Im Boden sind sie auch sehr gut isoliert. Selbst auf dem Balkon kann ein Blumentopf mit Sand schon ein Wildbienenhabitat nachahmen. Auch in Lehmwänden oder in Lehmfugen von Steinmauern finden einige Arten gute Bedingungen. Bei der Wahl unserer Baumaterialien fängt der Bienenschutz also schon an.

Bei der Arbeit: Eine Sandbiene legt ihre Brutgänge an.

Sandbienen graben ihre Nisthöhlen in der Erde. Die Art, wie wir Menschen Flächen nutzen, macht es immer schwerer für die Wildbienen, geeignete Nistplätze zu finden.

Den Garten sich selbst überlassen

Seit die WG weiß, wie Wildbienen leben, gibt es weniger Zoff um die Gartenarbeit. Denn was vorher als ungepflegt galt, firmiert jetzt unter Bienenreservat. Ungemähte Flächen, Überreste von Pflanzen und Totholz, das nicht aufgeräumt wird, sind notwendiger und in unserer Kulturlandschaft bedrohter Lebensraum. Die Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene zum Beispiel nutzt verlassene Schneckenhäuser für ihre Brutkammern. Ein äußerst gefährliches Unterfangen, wenn Menschen unachtsam durch den Garten laufen und nicht nach unten schauen. Eine Ecke ihres Gartens hat die WG deshalb zur No-Go-Area erklärt. Dass sie keine Pestizide verwenden ist für Judith und ihre Mitbewohner sowieso klar, denn die sind für alle Insekten schädlich.

Verlassene Schneckenhäuser als Nistplatz

Das Weibchen der Zweifarbigen Schneckenhaus-Mauerbiene, einer Vertreterin der Mauerbienen, legt bis zu vier Eier in einem Schneckenhaus ab. Vorher trägt sie Pollen und Nektar in die neue Behausung ein, um die Brut zu ernähren. 

Selbst angelegte Nisthöhlen für geladene Gäste

In dem Wurzelteller der gefällten Weide hinterm Haus oder abgestorbenen Baumteilen können Arten wie die Kleine Holzbiene nisten. Sie nutzen Fraßgänge von Käfern, wobei jede Art eine andere Ganggröße bevorzugt. So ein Habitat kannst du auch imitieren, indem du Gänge in einen Hartholzblock bohrst. Damit sich die Bienen nicht an ausgefransten Rändern verletzen, ist es wichtig, dass du sauber bohrst und nicht in das Stirnholz. Nach einer Faustregel sollen die Gänge zehnmal so tief sein wie ihr Durchmesser. Manche Wildbienen bevorzugen eine etwas feinere Umgebung und bauen ihre Brutkammern in abgestorbene Stiele von markhaltigen Pflanzen, wie Brombeere oder Königskerze. Judith nimmt sich deshalb vor, die Beete im Herbst nicht abzuräumen.

Gute Vorarbeit

In diesen abgestorbenen Baum haben Käfer schon viele Gänge gefressen, in die Wildbienen ihre Eier ablegen können. Diese Nistlöcher kann man auch selbst anlegen (wie Jonas im nächsten Bild zeigt).

Nistlöcher bohren für Wildbienen

Dabei ist wichtig: Nicht ins Stirnholz bohren, sondern ins Längsholz (wie abgebildet). Nutze unterschiedlich große Bohrköpfe und achte darauf, dass keine Splitter in die Löcher hineinragen!

Multifunktionslösung: Tomaten-Rankhilfe und Insekten-Nisthilfe

Die WG ist kreativ geworden und hat ihre Tomaten an Bambusrohre gebunden. Sie sind nicht nur Stütze, sondern auch Insektenhotel. Bambus- und Schilfrohre, die im Beet ausgedient haben, können gebündelt aufgehängt oder -gestellt werden.

Insektenhotels und Nisthilfen: Der Standort ist entscheidend

Wenn du Lust auf Basteln hast, kannst du solche Halme auch sammeln, bündeln und auf dem Balkon aufstellen und -hängen. Genauso gut eignen sich dünne Bambusrohre oder Schilf. Bei allen selbstgebauten oder gekauften Insektenhotels solltest du beachten, dass die Bienen und ihre Brut es warm und trocken mögen. “Je massiver eine künftige Behausung ist, desto besser ist sie isoliert”, erklärt Biodiversitätsexperte Thore Voller. Sie steht am besten an der Hauswand mit direkter Sonneneinstrahlung, damit sie weniger schnell auskühlt. Dort ist die Nisthilfe auch besser vor Witterungen geschützt. “Unter Umständen musst du noch für einen Regenschutz sorgen”, ergänzt Thore.

Wildbienen fliegen nicht weit

Natürlich muss die Wildbiene sich und ihre Larven auch ernähren. Im Vergleich zur Honigbiene ist ihr Aktionsradius klein, bei einigen Arten sogar kleiner als 500 Meter. Deine Nistangebote werden sie deshalb nur annehmen, wenn sie in diesem Umkreis auch Nahrungsquellen finden, Wasser und ihr Baumaterial Sand. Weil die Wildbienen auch bei ihrer Ernährung auf jeweils bestimmte Blüten spezialisiert sind, sollte es in der Umgebung vielfältige Pflanzen geben, die es auch zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr ermöglichen, Nektar und Pollen zu finden. Vielleicht säst du sie gleich selbst in einen Balkonkasten oder legst im Hof eine Bienenweide an.

Bienentränke für Honigbienen und Wildbienen im Sommer

Geschützt vorm Ertrinken – und Verdursten

Sichere Wasserquellen sind einfach aufgestellt und wertvoll für Honigbienen, Wildbienen und andere Insekten! Kieselsteine eignen sich gut Zugangshilfen für Wasserschalen und Teiche.

Frisches Wasser für Bienen und andere Insekten

Eine Tonschale mit frischem Wasser aufzustellen ist die einfachste Art etwas für den Bienenschutz zu tun. Damit sie nicht ertrinken, brauchen die Durstigen eine Zugangshilfe am Rand der Schale. Judiths WG hat zum Beispiel in einer Randzone ihres Teichs Kiesel aufgeschüttet und ein paar Schilfrohre als Rampen hineingelegt. Sie ist gespannt, welche geflügelten Mitbewohnerinnen sich noch bei ihnen einnisten werden.

In Kürze:
So schaffst du Lebensräume für Wildbienen

  1. Lass Ecken im Garten ungemäht
  2. Stelle eine Wasserschale auf
  3. Fülle einen Eimer mit ungereinigtem Sand
  4. Bündele Schilf oder Stiele markhaltiger Pflanzen und hänge sie auf
  5. Bohre Nistlöcher in ein Stück Hartholz
Bildnachweis

1: Judith
2 & 3: Garten
3: Sandbiene
4: Schneckenhaus-biene

Josephine Ziegler
Josephine Ziegler
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5 & 7: Judith
6: Bohren
8: Bienentränke

Josephine Ziegler
Marie Fröhlich (Stadtbienen)
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