Gift aus dem Baumarkt
Giftige Pflanzenschutzmittel sind frei im Handel erhältlich. Sie werden nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in privaten Gärten eingesetzt – mit verheerenden Folgen. Denn Pestizide können eine Bedrohung für Tier, Natur und Mensch sein.
Bauern dürfen auch in den nächsten fünf Jahren das Pflanzenschutzmittel Glyphosat auf ihren Äckern verwenden. So hat letztes Jahr die EU-Kommission entschieden. Auch viele Hobbygärtner versprühen Glyphosat oder sogenannte Neonicotinoide in ihrem Garten. Mittel zur Schädlingsbekämpfung gibt es in jedem Baumarkt und in vielen Online-Shops. Bekannt sind sie im Handel unter dem Namen “Roundup” oder “Calypso”, “Lizetan” oder “Carreo”.
Pestizide stören das ökologische Gleichgewicht
Landwirte nutzen Glyphosat und andere Pestizide zur Unkrautvernichtung. Nur die Pflanzenart, die der Bauer angebaut hat, soll auf dem Acker wachsen. Alle anderen sind unerwünscht. Viele Pflanzen, die als Nahrung für Insekten dienen, verschwinden deshalb von den Feldern und deren Randstreifen. Auch Haus- und Kleingärtner hantieren eifrig mit der Giftspritze. Nach Angaben des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) landen jedes Jahr über 500 Tonnen Pestizide in Deutschland in privaten Gärten. Dieser Einsatz hat nicht selten schädliche Nebenwirkungen.
„Viele Pestizide wirken nicht gezielt nur gegen ein einziges Unkraut oder einen Schädling, sondern vernichten wichtige Blühpflanzen und schaden auch Nützlingen“, sagt Corinna Hölzel vom BUND. „Außerdem stören sie das ökologische Gleichgewicht, denn wenn man Gifte in die Umwelt einbringt, bleibt immer etwas im Boden zurück. Sie können ins Grundwasser gelangen und sich dann wiederum auch in anderen Pflanzen anreichern, die wir essen oder die Tieren als Nahrung dienen“, erklärt sie. Unzählige Studien stellen negative Auswirkungen von Pestiziden auf Regenwürmer, Bienen und andere Insekten fest. Die sogenannten Neonicotinoide wurden vor kurzem von der EU für künftige Anwendungen im Freiland verboten.
Im Intenet gibt es keine sachkundige Beratung beim Kauf von Pflanzenschutzmitteln
Anders als Landwirte, die meist wissen, wie die Mittel wirklich wirken, seien Hobbygärtner überwiegend Laien was den chemischen Pflanzenschutz angeht, erklärt Hölzel und weist darauf hin, dass deshalb eine große Gefahr bestehe, dass die Mittel falsch angewendet werden. „Falsch“ kann im Fall von Pflanzenschutzmitteln bedeuten: überdosiert, zur falschen Zeit, so dass die Pflanzen während der Behandlung blühen und von Insekten beflogen werden. Kommen sie in Kontakt mit anderen Mitteln, kann ein noch giftigerer Cocktail entstehen. Leider würden oft Kenntnisse über chemiefreie Alternativen fehlen.
Das mangelnde Wissen darüber, wie Pflanzenschutzmittel angewendet werden, ist vor allem beim Kauf im Online-Handel ein Problem. Nach dem großen Medienecho zur Glyphosat-Entscheidung der EU haben einige Baumärkte reagiert und mehrere Pestizide, nach eigenen Angaben, aus dem Sortiment genommen. Eine stichprobenhafte Untersuchung der grünen Bundestagsfraktion hat ergeben, dass viele Glyphosat-Produkte für den Haus- und Kleingartenbereich mittlerweile übers Internet verkauft werden. Dort umgehen viele Verkäufer jedoch ihre gesetzliche Pflicht, die Kunden sachkundig zu beraten. Das Wichtigste sei, laut Hölzel, eine bessere Aufklärung über die Risiken und Folgen von Pflanzenschutzmitteln. Einige Kommunen hätten bereits erkannt, dass sie in ihren Parks, auf Sport- und Spielplätzen und auf Grünanlagen bewusst auf Pestizide verzichten sollten.
Gärtnern ohne Chemie ist möglich
Nun will der BUND Menschen darüber informieren, dass Gärtnern ohne Pestizide möglich ist. „Kein Hobbygarten wird verwildern, wenn dort keine Chemie mehr eingesetzt wird. Man kann auch mal wieder zu Hacke greifen und das Unkraut jäten, wenn es zu viel wird“, erklärt die Pestizid-Expertin. Mit der richtigen Pflanzenauswahl und biologischem Dünger bleiben Pflanzen gesund und widerstandsfähig gegenüber Pilzen und Schädlingen. Wenn Blattläuse überhand nehmen, können sie einfach abgespült werden. „Naturnahe Gärten im ökologischen Gleichgewicht finden immer mehr Akzeptanz und verdrängen den aufgeräumten Garten mit giftgrünem Einheitsrasen und exotischen Rabatten“, sagt Hölzel. Bei Landwirten gehe es stattdessen um die Wirtschaftlichkeit. Deshalb müssten ökologische Leistungen auch honoriert werden. Außerdem müsse stärker an giftfreien Alternativen geforscht werden. Im Bio-Bereich ist der Anbau ohne schädliche Mittel bereits möglich.
Naturschutzverbände fordern deshalb schon lange von der Bundesregierung und der EU eine Reform des Zulassungssystems und ein Verbot von besonders gefährlichen Pestiziden wie Glyphosat und Neonikotinoiden. Für Kleingärten sollten keine chemisch-synthetischen Pestizide zugelassen sein.
Informationen des BUND zum Thema Biologischer Pflanzenschutz
Text: Jana Tashina Wörrle